Was eine Insolvenz der Baufirma für Bauherren bedeutet

Der Bau ist im Werden, jedoch stockt das ganze plötzlich: Die beauftragte Firma meldet Insolvenz an, und das, obwohl die Arbeiten noch nicht abgeschlossen sind.

Was tun?

Auch auf dem Bau kommt dieses Problem immer wieder mal vor. Häufig allerdings als "Begleiterscheinung" einer Auftragsvergabe nach dem billigsten Preis.
Wie sagte der Volksmund dazu: Billig gekauft ist 2mal gekauft.

Aber zurück zum Thema:
Tritt dieser Fall ein, kommt es auf der Baustelle meist erst einmal zu einer Unterbrechung und somit zu Verzögerungen bei der Fertigstellung.
Der erste Impuls seitens der Bauherren: Ich beauftrage ein anderes Unternehmen. Aber ganz so einfach ist es nicht.

Wenn der/die Bauherr*In Glück hat, stellt die Firma das Bauwerk trotz Insolvenz fertig. Denn, auch ein Unternehmen, das sich in Insolvenz befindet, kann durchaus noch Leistungen erbringen.

Unternehmen stellt Insolvenzantrag:

Stellt ein Unternehmen einen Insolvenzantrag, gibt es 2 Verfahrensmöglichkeiten: Eine Insolvenz in Eigenverwaltung sowie die Regelinsolvenz. Die Unterschiede an dieser Stelle aufzuführen, wäre zu weit führend. Wichtig ist: Das Gericht muß feststellen, ob ein Insolvenzgrund vorliegt. Dies kann z.B. Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung sein. In der Regel wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, der weitreichende Rechte hat, auch die Möglichkeit, das Unternehmen bis zur endgültigen Entscheidung des Gerichtes erst einmal weiter zu führen und vorhandene Aufträge abzuarbeiten.

Reicht das Vermögen des Unternehmens aus, um zumindest die Masseschulden zu decken, kann das Gericht das Insolvenzverfahren eröffnen. Wenn nicht, wird die Eröffnung abgewiesen. Dies wäre der schlechteste Fall für den Auftraggeber, da diese dann i.d.R. auf Ihren Kosten bzw. der unfertigen Baustelle sitzen bleiben. Hoffentlich haben die Bauherren dann eine Bauleistungsversicherung, die zumindest das finanzielle Risiko abdeckt.

Weiterführung des Auftrages

Sieht der (vorläufige) Insolvenzverwalter die Chance, durch Ausführung des Auftrages noch Gewinn zu erwirtschaften, also die Schulden der Firma zu verringern, kann er die Ausführung  des Auftrages anordnen.

Was soll ich als Bauherr*In tun?

Sobald Sie als Bauherr*In von der Insolvenz eines beauftragten Unternehmens erfahren, sollten Sie sich in jedem Fall von einem auf Baurecht spezialisierten Rechtsanwalt*In beraten lassen. In jedem Fall sollte nicht auf eigene Faust gehandelt werden. Durch die Insolvenz wird nicht automatisch der geschlossene Vertrag ungültig. Sie müssen der Firma immer noch die Möglichkeit einräumen, den Auftrag zu Ende auszuführen und dann auch die Rechnung stellen zu können.  Die Rechnung ist übrigens auch gültig, wenn im Nachhinein keine Garantieleistungen mehr eingefordert werden können, da die Firma abgewickelt bzw. aufgelöst wurde. Deshalb auch hier bei der Vertragsgestaltung diesen Punkt berücksichtigen.

Beauftragt die Bauherrschaft vorzeitig ein anderes Unternehmen mit der Fertigstellung, kann es passieren, dass Sie die Rechnung zweimal bezahlen. Dem ursprünglichen Auftragnehmer sowie dem ersatzweise beauftragten Unternehmen.

Außerordentliches Kündigungsrecht im Insolvenzfall?

Dies ist leider ein sich hartnäckig haltender Irrtum. Die Stellung des Insolvenzantrages beendet nicht automatisch das Vertragsverhältnis bzw. gibt dem Auftraggeber nicht automatisch das Recht, den Auftrag zu beenden bzw. zu kündigen. Auch die Kündigung aus wichtigem Grund ist nicht automatisch gegeben, wie Entscheidungen des Bundesgerichtshofes zeigen.
Im Gegensatz dazu kann der Insolvenzverwalter den Vertrag außerordentlich kündigen bzw. die Vertragserfüllung ablehnen.

Was kann der/die Bauherren*In tun?

Vorbeugen! Das heißt: Das Insolvenzrisiko bereits bei der Vertragsgestaltung berücksichtigen.
So kann z.B. ein Kündigungsrecht vereinbart werden, wenn das Unternehmen einen Antrag auf Insolvenz stellt. Zu prüfen wäre auch, ob ein Kündigungsrecht vereinbart werden kann, wenn ein Dritter einen Antrag auf Insolvenz über das Unternehmen stellt, wie z.B. eine Krankenkasse, das Finanzamt oder ein anderer Gläubiger. Die genaue Ausgestaltung, welche Umstände zu einer Kündigung berechtigen und wann was zu bezahlen ist, sollte geregelt sein und am besten mit einem Fachanwalt abgeklärt sein. Ebenso evtl. Schadenersatzforderungen oder Gewährleistungseinbehalte wären zu klären.

Sichern Sie sich durch eine geeignete Versicherung ab. Gerade im Neubau sollten Sie eine Bauleistungsversicherung abschließen, die zumindest den finanziellen Schaden abdeckt.  Prüfen Sie hier genau, wann die Versicherung leisten muss bzw. vereinbaren Sie, welche Risiken abgedeckt sind und, ebenso wichtig, wann der Leistungsfall eintritt.

Erkundigen Sie sich im Vorfeld über die Solidität und das Geschäftsgebaren der Baufirma. Mit den richtigen Informationen und Kenntnissen kann man schon Rückschlüsse über das Risiko ziehen.

Zahlen Sie nicht mehr, wie Sie bereits erhalten haben. Haben Sie bereits Zahlungen für noch nicht erbrachte Leistungen erbracht, ist dieses Geld im Ernstfall verloren. Der Insolvenzverwalter wird dieses Geld nicht rückerstatten.

Noch ein Hinweis:

Wurde das Vorhaben finanziert und sind noch nicht alle Kreditmittel abgerufen, kann es durch die Verzögerung zu Überschreitung der vereinbarten kostenlosen Bereitstellungszeit des Kredites führen. Dadurch kann es in der Folge für den nicht beanspruchten Kreditbetrag zu Bereitstellungszinsen kommen. Bei den derzeit niedrigen Zinsen sind die Bereitstellungszinsen oftmals sogar höher als der eigentliche Kreditzins. Dass dies rechtens ist, hat vor kurzem der BGH entschieden.

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Wilfried Wacker
Autor:
Wilfried Wacker

Wilfried Wacker ist Experte für Neu bauen, Sanieren, nachhaltige Energiekonzepte.